Nesemann Steuerberatung

Umsatzsteuer-Aktuell 02/2013

Nahrungsergänzungsmittel - Welcher Umsatzsteuersatz?

 

I.          Grundlagen
 
Die Lieferung von Gegenständen unterliegt in Deutschland grundsätzlich dem Regel­steuersatz von 19 %. Lebensmittel hingegen werden in der Regel nur mit 7 % Umsatz­steuer belastet. Getränke sind davon grundsätzlich ausgenommen. Sie unterliegen dem Regelsteuersatz von 19 %. Nur Trinkwasser und Milchmixgetränke werden ebenfalls begünstigt besteuert.
 
Medikamente unterliegen dem Regelsteuersatz. Eine Begünstigung ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Nur wenn sie in einem geringen Umfang vom behandelnden Arzt oder durch die Krankenhausapotheke im Zusammenhang mit einer Behandlung im Kranken­haus weitergegeben werden, kommt eine vollständige Befreiung von der Umsatzsteuer für Ärzte oder Krankenhäuser in Betracht.
 
Nahrungsergänzungsmittel befinden sich in der Schnittstelle zwischen Lebens- und Arzneimitteln.
 
Maßgeblich für die umsatzsteuerliche Behandlung ist die zollrechtliche Einordnung in der „Kombinierten Nomenklatur“ (KN).
 
 
II.         Bisherige Rechtsprechung
 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind die objektiven Merkmale und Eigenschaften sowie der Verwendungszweck von Waren entscheidende Kriterien für die zollrechtliche Einordnung. Diese sind im Wortlaut der KN festgelegt (z.B.: EuGH vom 28. Juni 2009 – Rs C–173/08, Kloosterberg Services BV, Rdn. 24).
 
Am 10. Dezember 1998 hat der EuGH in der Rechtssache (Rs) C-328/97, Taxofit, entschieden, dass die zu beurteilenden Vitamin C Brause- und Kautabletten pharmazeutische Erzeugnisse sind. Ausschlaggebend war für den EuGH, dass der Vitamin-C-Gehalt deutlich über das für die allgemeine Ernährung notwendige oder empfohlene Maß hinausging. Derartige Dosierungen von Vitamin C werden zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt (Randnummer (Rdn.) 28).
 
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 30. März 2010 (Az: VII R 35/09) entschieden, dass Lebensmittelzubereitungen in flüssiger Form, die als Nahrungs­ergänzungs­mittel gekennzeichnet sind und in Trinkfläschchen vertrieben werden, dem Regelsteuersatz unterliegen, da sie nach der KN als „andere nicht alkoholhaltige Getränkeeinzureihen sind.
 
In einem Urteil des Finanzgerichtes Niedersachsen (FG Nds.) vom 20. September 2012 (Az: 5 C 393/10) ist das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass ein in Kapselform vertriebenes probiotisches Lebensmittel als Nahrungsergänzungsmittel dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Das FG Nds. verweist auf den EuGH in seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2009 – Rs. C-410/08, Swiss Caps. In diesem Urteil hat der EuGH entschieden, dass die Kapselhülle zum Einschluss von Ölen (z.B. Lachsöl) die Art und Weise der Aufnahme und den Ort, an dem sie wirken soll, bestimme. Da die Darreichung der Lebensmittelzubereitung in Kapselform und ihr Inhalt die objektiven Merkmale und Eigenschaften bestimmten, handele es sich um Lebensmittelzubereitungen, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
 
In einem weiteren Urteil hat das Finanzgericht Hamburg (FG HH) ebenso entschieden. In dem zugrundeliegenden Fall wurden Aminosäuremischungen ebenfalls als Lebensmittel und nicht als Medikamente betrachtet. Das FG HH kommt zu dem Ergebnis, dass eine arzneiliche Wirkung nur dann vorliegt, wenn die Erzeugnisse dem Körper über seinen eigenen Stoffwechsel hinausgehende erforderliche Grundstoffe liefern würden. Aminosäuren sind Eiweißbausteine und haben keine arzneiliche Wirkung. Soweit nur Nährstoffe bereitgestellt werden, handelt es sich um Lebensmittelzubereitungen. Als die wichtigsten Nährstoffe, die in Lebensmitteln vorkommen, werden Eiweiß, Kohlenhydrate und Fette angegeben.
 
Gegen das Urteil des FG HH ist allerdings Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt worden. Es bleibt abzuwarten, wie er entscheiden wird.
 
 
III.        Zusammenfassung / Empfehlung
 
Lebensmittelzubereitungen unterliegen dem ermäßigten Steuersatz. Um Lebensmittel handelt es sich vereinfacht, wenn nur Nährstoffe bereitgestellt werden. Hierunter fallen insbesondere Eiweiß, Kohlenhydrate und Fette.
 
Haben die Produkte hingegen eine eigene pharmakologische Wirkung, sind sie vorrangig als Arzneimittel zu betrachten. Selbst dann, wenn auch Lebensmittel verarbeitet werden, diese aber lediglich als Trägerstoff oder Bindemittel für den arzneilichen Wirkstoff dienen.
 
Die Einordnung als Getränk, Lebensmittel oder als Medikament hat erhebliche Auswirkungen auf den Umsatzsteuersatz. Der Vorteil, der darin liegt, eine Einstufung als Lebensmittel und damit den begünstigten Steuersatz zu erhalten, kann allerdings Nachteile beim Import haben. Lebensmittel werden mit Zöllen belegt. Medikamente hingegen sind in der Regel zollfrei.
 
 
Sollten Sie Unterstützung bei der korrekten zollrechtlichen und steuerlichen Behandlung Ihrer Produkte benötigen, rufen Sie uns gerne an.
 
Bremen / Hamburg, 24. April 2013
 
 
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