Nesemann Steuerberatung

Umsatzsteuer-Aktuell 05/2013

Umsatzsteuerliche Risiken im Mittelstand


Es gibt im unternehmerischen Tagesgeschäft kaum einen Geschäftsvorgang, der nicht von der Umsatzsteuer betroffen ist.  Wir möchten Sie mit diesem Schreiben auf die aus unserer Sicht häufigsten Risiken und auf Maßnahmen zur Vermeidung derartiger Gefahren hinweisen. Das ist umso wichtiger, als dass Fehleinschätzungen bei der Behandlung umsatzsteuerlicher Sachverhalte sich oftmals über Jahre hinweg im Unternehmen „etablieren“. Bei einem Steuersatz von bis zu 19% können Nachforderungen des Finanzamtes, z.B. aufgrund einer Betriebsprüfung, dann existenzbedrohend werden.


I.    Lieferungen ins europäische Ausland


Lieferungen in das europäische Ausland (innergemeinschaftliche Lieferungen) sind in Deutschland grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit. Wichtige Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Lieferungen ist, dass der Unternehmer zweifelsfrei nachweisen kann, dass die Waren tatsächlich in ein anderes europäisches Land gelangt sind. Diese Nachweispflichten sind besonders umfangreich und risikobehaftet.



In unserem Schreiben vom 31. Juli 2013  haben wir die verschiedenen Möglichkeiten zur Erfüllung der Nachweispflichten dargestellt. Aber auch bei Kenntnis dieser Anforderungen sind die folgenden Probleme hervorzuheben:


1.    Nachträgliche Änderung/Korrektur


Eine Prüfung der Nachweise durch das Finanzamt erfolgt oftmals erst im Rahmen von Betriebs- oder Umsatzsteuer-Sonderprüfungen. Diese Prüfungen reichen meistens mehrere Jahre zurück. Für den Fall, dass die Nachweise nicht für ausreichend erachtet werden oder an der Echtheit gezweifelt wird, darf das Finanzamt einen korrigierten oder zusätzlichen Nachweis verlangen.  Diesen Nachweis im Nachhinein zu erhalten, gestaltet sich nach unseren Erfahrungen schwierig und ist in Fällen unmöglich, bei denen der Spediteur und/oder der Empfänger der Lieferung nicht mehr existiert.


Wir empfehlen, den Nachweis grundsätzlich über die neue Gelangensbestätigung zu führen. Das Format sollte das liefernde Unternehmen vorgeben, sodass der Empfänger nur noch bestätigen muss. Diese Bestätigung kann auch per E-Mail z.B. als PDF-Anhang erfolgen.


Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung der Mustervorlagen.


2.    Missing Trader I


Versteuert der Empfänger einer innergemeinschaftlichen Lieferung diese vorsätzlich nicht, handelt es sich um einen sogenannten Missing Trader. Selbst wenn der deutsche Unternehmer in gutem Glauben an einen Missing Trader geliefert hat, wird das Finanzamt in der Regel selbst bei ordnungsgemäßer Nachweisführung die zugrunde liegende Lieferung als steuerpflichtig behandeln und nachträglich Umsatzsteuer erheben.


Wir empfehlen daher, einen Überprüfungsmechanismus (Unternehmereigenschaft, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer usw.) im Unternehmen einzuführen. Jeder Neukunde sollte automatisch der Überprüfung unterzogen werden. Bei Bestandskunden sollte dann mindestens einmal im Jahr die Überprüfung wiederholt werden.


Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass der Unternehmer dem Finanzamt glaubhaft belegen kann, dass er mit der ihm gebotenen Sorgfaltspflicht alles unternommen hat, um sich von der Seriosität seines Geschäftspartners zu überzeugen. Nur in diesem Fall kann von einer Nachversteuerung abgesehen werden.



II.    Vorsteuerabzug – Missing Trader II


Nicht nur bei grenzüberschreitenden Leistungen verlangt der Gesetzgeber, dass der Unternehmer sich hinreichend über seine Vertragspartner informiert hat. Im abgelaufenen Jahr haben wir verschiedene Mandate betreut, bei denen das Finanzamt den Vorsteuerabzug verwehrt hat, weil der Rechnungsaussteller sich nicht bei einem Finanzamt registriert und Umsatzsteuer abgeführt hatte.  In allen Fällen war aus den Rechnungen nicht ersichtlich, dass der leistende Unternehmer steuerlich gar nicht „existierte“. Immer war z.B. eine „falsche“ Steuer- oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben.


Auch für diesen Fall gilt, dass der Leistungsempfänger dem Finanzamt glaubhaft belegen muss, dass er von dem genannten Vorsatz seines Vertragspartners bei aller Sorgfalt nicht ausgehen konnte. Daher sollten auch für diese Fälle Prüfmechanismen eingeführt werden. Von neuen Geschäftspartnern könnte z.B. eine Bestätigung über die steuerliche Registrierung (Mitteilung der Steuernummer) verlangt oder im Bereich der Bauleistungen sollte immer die Freistellungsbescheinigung angefordert werden.



III.    Risiko: Umsatzsteuerpflichtige Vermietung von Grundstücken


Die Vermietung von Grundstücken ist grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit.


Bei der Vermietung von Grundstücken an Unternehmer, welche selbst ausschließlich (mindestens zu 95 %) steuerpflichtige Umsätze oder privilegierte Umsätze (z.B. Ausfuhren) erbringen, kann der Vermieter zur Umsatzsteuerpflicht optieren. In diesem Fall erhöht sich die vereinbarte „Nettomiete“ um die Umsatzsteuer in Höhe von zurzeit 19 %. Durch diese Option ist der Vermieter berechtigt die Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten und des laufenden Unterhalts abzuziehen. Dadurch könnte ggfs. auch die Nettomiete reduziert werden.


Ein nicht unerhebliches Risiko liegt im Verhalten des Mieters. Sollte dieser im Laufe der Mietdauer vorsteuerschädliche Leistungen (z.B. Versicherungs-, Heilbehandlungs-, Bildungsleistungen usw.)  erbringen, verliert der Vermieter ganz oder zumindest teilweise das Recht, die Vorsteuerbeträge in Abzug zu bringen. D.h., bei einer Überprüfung durch das Finanzamt könnten Vorsteuerbeträge zurückgefordert werden.


Damit in diesen Fällen nicht der Vermieter durch diese Rückforderungen belastet wird, empfehlen wir dringend, Rückgriffsklauseln in den Mietvertrag aufzunehmen.


IV.    Zusammenfassung / Empfehlung


Dieses Schreiben soll Sie für häufige Risiken im Bereich der Umsatzsteuer sensibilisieren. Zur Risikominimierung eignen sich nach unserer Ansicht die nachfolgenden Maßnahmen:


  1. Einmalige Risikoanalyse (Umsatzsteuer-Check) aller relevanten Prozesse im Unternehmen, um ein „Auftürmen“ von Risiken über die Jahre zu vermeiden.

     
  2. Dokumentation von Arbeitsprozessen im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer („Umsatzsteuer-Richtlinie“).

     
  3. Schulungen der Mitarbeiter (z.B. Buchhaltung, Vertrieb, Einkauf, etc.)

Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie Fragen haben sollten oder wir Sie bei der Umsetzung unterstützen dürfen.


Wir wünschen Ihnen eine schöne Adventszeit.

Ihr Team der

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Hamburg, 4. Dezember 2013


Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte und Darstellungen.