Nesemann Steuerberatung

Umsatzsteuer-Aktuell 05/2016

Umsatzsteuer contra Arbeitsklima – Wichtiges zu Incentives und Aufmerksamkeiten

Im Interesse eines guten Arbeitsklimas bieten Unternehmen ihren Angestellten und Geschäftspartnern gerne die eine oder andere nicht monetäre Annehmlichkeit. Wenngleich die Arbeitgeber dabei immer „betriebsfunktionale“ Gründe in den Vordergrund rücken werden, um eine Belastung mit Umsatzsteuer zu vermeiden, kann es sich aus fiskalischer Sicht um eine Zuwendung handeln, die Umsatzsteuer auslöst bzw. zur Versagung des Vorsteuerabzugs führt‎. Nachfolgend stellen wir drei Urteile vor, die verdeutlichen, dass die Auffassungen zur steuerlichen Würdigung durchaus auseinanderliegen. Unternehmen sollten sich deshalb bewusst sein, dass es zu Steuernachforderungen kommen kann. 

  1. Parkraumüberlassung an Arbeitnehmer (BFH-Urteil vom 14. Januar 2016 - V R 63/14) 

    Im Urteilsfall hatte ein Arbeitgeber Parkplätze in Unternehmensnähe für 55 € angemietet und gegen eine Kostenbeteiligung in Höhe von 27 € an seine Mitarbeiter überlassen.

    Der Arbeitgeber hat die vom Arbeitnehmer erhaltenen Zahlungen nicht der Umsatzsteuer unterworfen und argumentiert, dass die Anmietung und verbilligte Überlassung einzig erfolgt sei, um einen ungestörten Betriebsablauf zu gewährleisten. Denn vor Ort gab es nicht ausreichenden Parkraum. Mitarbeiter müssten die Arbeit unterbrechen, um an der Parkuhr nachzuzahlen und nach Auswärtsterminen war es später am Tag oft unmöglich, überhaupt einen Parkplatz zu finden. Ferner führte der Arbeitgeber an, dass die Finanzverwaltung das „Zurverfügungstellen von Parkplätzen auf dem Betriebsgelände“ (Abschnitt 1.8 Abs. 4 Nr. 5 UStAE) als nicht steuerbare Leistung ansieht.

    Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf, dass die Erlöse der Umsatzsteuer unterliegen. Denn die Steuerbarkeit entgeltlicher Leistungen kann nicht mit dem Argument verneint werden, dass die (alternativ) unentgeltliche Bereitstellung von Parkplätzen keine Umsatzsteuer auslöst. Dies gilt im Übrigen nicht nur bei Leistungen, sondern auch bei verbilligten Lieferungen (wie z.B. der Bereitstellung von Arbeitskleidung mit Kostenbeteiligung durch die Arbeitnehmer).

    Weil aber bedingt durch die Parkraumknappheit eine betriebliche Veranlassung gegeben war, war die Nichtanwendung der Mindestbemessungsgrundlage (Berechnung der Umsatzsteuer nach Maßgabe der entstandenen Kosten) unstrittig. Besteuert werden muss also nur der Betrag, den der Arbeitgeber tatsächlich vom Arbeitnehmer erlangte (Umsatzsteuer = 19% aus 27 €).

  2. Kostenfreie Bereitstellung eines Fitnessstudios (Urteil des FG Münster vom 01. Okt. 2015 - 5 K 1994/13 U)

    Im Urteilsfall hatte ein Arbeitgeber Räume angemietet und für sportliche Aktivitäten ausgestattet (Yoga-Kurse, Wirbelsäulengymnastik, individuelle Rückenprophylaxe, Kraftgeräte). Die Mitarbeiter konnten die Einrichtung außerhalb ihrer Arbeitszeit nutzen und die Kurse besuchen, ohne hierfür ein Entgelt entrichten zu müssen.

    Weil Mitarbeiter anderer Unternehmen in der Umgebung die Einrichtungen / Kurse entgeltlich nutzen konnten, waren das Fitnessstudio und die damit zusammenhängenden Eingangsleistungen dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen. Folglich war auch ein Recht auf Vorsteuerabzug gegeben. Der Arbeitgeber versteuert allerdings keinen geldwerten Vorteil infolge der unentgeltlichen Überlassung an Arbeitnehmer, weil er davon ausging, dass das betriebliche Interesse überwog. Hingegen vertrat das Gericht die Auffassung, dass bei der Nutzung das private Interesse der Arbeitnehmer überwiegt. Dies zeige sich schon daran, dass die Nutzung nicht als Arbeitszeit gewertet wurde, so dass der Arbeitnehmer eigene Freizeit aufwenden musste. Ferner bestand auch keine Verpflichtung zur Teilnahme an den Kursen zur Gesundheitsprävention. Die Vermeidung eines hohen Krankenstandes und der damit einhergehenden Kosten sind eher allgemeiner Natur und begründen kein überwiegend betriebliches Interesse.

    Mangels eines Entgelts ist die Bemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG die Summe der den Lieferungen bzw. Leistungen zugrundeliegenden Ausgaben. Dies können Einkaufspreise zuzüglich Nebenkosten oder auch bezogene Dienstleistungen sein, bei denen die Vorsteuer geltend gemacht wurde.

  3. Alkohol bei Geschäftsessen (Urteil des FG Münster vom 28. November 2014 - 14 K 2477/23 E, U)

    Streitig war der Vorsteuerabzug für den Erwerb von Wein, den ein Steuerberater im Rahmen von Geschäftsterminen an Mandanten und Fachkollegen ausschenkte. Der Steuerberater vertrat die Auffassung, dass es sich um Aufmerksamkeiten handelt, so wie auch das Anbieten von Kaffee und Keksen. Das Finanzamt verweigerte jedoch den Vorsteuerabzug, indem es die Kosten der privaten Lebensführung des Steuerberaters zuordnete. Weil keine Angaben zu Ort, Zweck und Teilnehmern der Treffen vorlagen, kam ein Vorsteuerabzug für Bewirtungskosten ebenfalls nicht in Betracht.

    Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung, dass die Darreichung von alkoholischen Getränken – unabhängig vom Wert – keine Aufmerksamkeit ist. Ferner bringt das Gericht zum Ausdruck, dass es sich um Ausgaben für eine geschäftliche Bewirtung handeln kann, auch wenn die Bewirtung vorliegend nicht im Mittelpunkt steht. Der (in Höhe von 70% anteilige) Betriebsausgaben- und der (volle) Vorsteuerabzug setzen dann aber entsprechende Aufzeichnungen voraus, die im verhandelten Fall allerdings nicht vorlagen.

  4. Empfehlung


    Die Logik hinsichtlich der umsatzsteuerlichen (und auch lohnsteuerlichen) Behandlung von nicht-monetären Zuwendungen ist stark von der Überlegung geprägt, welche steuerliche Konsequenz sich ergäbe, wenn der Empfänger die Kosten der Inanspruchnahme aus eigenem Einkommen bestreiten müsste. Dann würde der Preis aus versteuertem Einkommen aufgewendet und die Umsatzsteuer würde preiserhöhend wirken.

    Dieser fiskalisch verständliche Vergleich hinkt allerdings, weil der Zuwendende in erster Linie nicht den Vorteil beim Empfänger im Blick hat („ein Kaufmann hat nichts zu verschenken“), sondern seine eigenen wirtschaftlichen Interessen. Denn eine „Wohlfühlkultur“ motiviert sowohl Mitarbeiter als auch Geschäftspartner, was letztlich dem Unternehmenserfolg zugutekommt. Es müsste wohl auch stärker berücksichtigt werden, dass die Zuwendungen aus Sicht des Empfängers oftmals ergänzender, und nicht substituierender Natur sind – er hat also keine private Kostenersparnis, sondern nutzt das Angebot des Zuwendenden zusätzlich.

    Es wäre also durchaus wünschenswert, wenn Finanzverwaltung, Gerichte und Gesetzgeber zur Kenntnis nähmen, dass eine sich ändernde Arbeitswelt auch Auswirkungen auf die Motivationskultur und die Bewertung von nicht-monetären Zuwendungen haben. Bis auf weiteres wird es mit dem Finanzamt Diskussionen um deren steuerliche Beurteilung geben. Die Dokumentation und kritische Beurteilung des „überwiegenden betrieblichen Interesses“ ist deshalb wichtiger denn je.

    Gerne unterstützen wir Sie bei Fragen zu diesem Themenbereich. Sprechen Sie uns bitte an!



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Mai 2016

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