Nesemann Steuerberatung

Umsatzsteuer-Aktuell 01/2016

Änderungen im neuen Jahr

Nicht ist stetiger als der Wandel – insofern gibt es auch dieses Jahr wieder Änderungen bei der Umsatzsteuer. Anders als in manchen Vorjahren halten sich die Neuerungen aber in engen Grenzen, wir stellen nachfolgend die wichtigsten Punkte vor.

  1. Steueränderungsgesetz 2015

    1. Entstehung der nach § 14c Umsatzsteuergesetz (UStG) ausgewiesenen Umsatzsteuer

      Entschärft wurde die Regelung zur Steuerentstehung im Fall des zu hohen Steuerausweises. Bekanntlich wird die in einer Rechnung ausgewiesene Steuer geschuldet, auch wenn sie höher ist als die gesetzlich geschuldete Steuer. Diese Regelung greift z.B., wenn bei steuerfreien Umsätzen Steuer ausgewiesen wird oder wenn der Regelsteuersatz anstatt des ermäßigten Steuersatzes angewendet wird. Gem. § 13 UStG entstand diese zu hoch ausgewiesene Steuer bislang mit Ausführung der Lieferung / Leistung, spätestens jedoch mit Ausstellung der Rechnung. Nunmehr wird allein auf die Ausstellung der Rechnung abgestellt. Dies ist auch logisch, weil die zusätzliche Steuerschuld erst durch das Inverkehrbringen der falschen Rechnung ausgelöst werden kann.

      Beispiel:
      Der Unternehmer führt im Januar 2016 eine steuerfreie innergemeinschaftliche Warenlieferung aus, und weist in der im Februar 2016 ausgestellten Rechnung irrtümlich Steuer aus. Nach der alten Regelung würde die Steuer im Januar geschuldet, nach der neuen Regelung im Februar (eine Korrektur der Voranmeldung für Januar ist also nicht vorzunehmen).

      Die Regelung kann dann von materieller Bedeutung sein, wenn die Leistung im alten Jahr ausgeführt und im neuen Jahr abgerechnet wird. Denn bei der Berechnung von Steuerzinsen wird auf das Kalenderjahr abgestellt. Die Neuregelung stellt insofern eine Erleichterung dar.

    2. Leistungen im Zusammenhang mit Betriebsvorrichtungen unterliegen grundsätzlich der umgekehrten Steuerschuldnerschaft

      Im Hinblick auf die Regelung zur Steuerschuldumkehr bei Bauleistungen wird gesetzlich klargestellt, dass Betriebsvorrichtungen als Grundstück gelten, wenn sie in einem Gebäude oder Bauwerk installiert sind und nicht bewegt werden können, ohne dieses Bauwerk zu zerstören oder zu verändern. Damit wird die schon im Umsatzsteuer-Anwendungserlass verankerte Auffassung der Finanzverwaltung in das Gesetz übernommen, ferner wird der entsprechenden EU-weiten Regelung ab 2017 vorgegriffen. Die durch das BFH-Urteil vom 28. August 2014 (das Gericht hat die Grundstückseigenschaft der Betriebsvorrichtung und damit die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens verneint) zwischenzeitlich eingetretene Rechtsunsicherheit ist damit ausgeräumt. Kompliziert bleibt die Regelung dennoch, zumal nicht abschließend definiert ist (bzw. definiert werden kann), was als Betriebsvorrichtung in diesem Sinne gilt. Der Verweis auf das Zerstören bzw. Verändern des Bauwerks im Zusammenhang mit Betriebsvorrichtungen macht deutlich, dass bei den Arbeiten Werkzeug zum Einsatz kommen muss. Eine Einzelfallbeurteilung bleibt auch hier unerlässlich.

    3. Umgekehrte Steuerschuldnerschaft für die Lieferung bestimmter Rohstoffe

      Erneut kommt es zu einer Änderung des Anwendungsbereichs der Steuerschuldumkehr beim Verkauf von bestimmten Rohstoffen (Anlage 4 zum Umsatzsteuergesetz). Im Wesentlichen wird der Terminus „Eisen- und Stahlerzeugnisse“ durch „Rohblöcke, andere rohformen und Halbzeuge“ ersetzt, so dass Fertigerzeugnisse nicht mehr in den Anwendungsbereich der umgekehrten Steuerschuldnerschaft (Reverse-Charge-Verfahrens) fallen. Dies entspricht auch den Regelungen bei den anderen betroffenen Rohstoffen.

    4. Besteuerung der öffentlichen Hand

      Umfassend überarbeitet wurden die Regelungen zur Besteuerung der öffentlichen Hand. Bislang galten juristische Personen des öffentlichen Rechts mit wenigen Ausnahmen nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art als Unternehmer im Sinne der Umsatzsteuer. Diese Regelung entsprach nicht den EU-rechtlichen Vorgaben. Zukünftig wird maßgeblich darauf abgestellt, inwieweit die Ausnahme der öffentlichen Hand von der Umsatzsteuer zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Die Neuregelung tritt allerdings erst 2017 in Kraft, wobei der juristischen Person des öffentlichen Rechts das Wahlrecht eingeräumt wird, die bisherigen Regelungen bis einschließlich 2020 weiter anzuwenden.

    5. Steuerbefreiung für Entlastungsangebote für pflegebedürftige Personen

      Gem. § 4 Nr. 16 UStG sind Betreuungsangebote für hilfsbedürftige Menschen nach den Regelungen des Sozialgesetzbuchs von der Umsatzsteuer befreit. Dies gilt nunmehr auch für Entlastungsangebote - es handelt sich hierbei um die hauswirtschaftliche Versorgung, die Unterstützung bei der Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags oder die Unterstützung bei der eigenverantwortlichen Organisation individuell benötigter Hilfeleistungen.

  2. Sonstiges

    1. Umsatzsteuer-Vergütungsverfahren für Drittländer

      Im Drittland ansässige Unternehmen beantragen die Vergütung von Vorsteuern bislang in Papierform mit Unterschrift durch den Unternehmer. Dieses Verfahren kommt nur noch bis zum 30. Juni 2016 (Antragsfrist für Vergütungsanträge 2015) zur Anwendung, danach erfolgt die Antragstellung wie in den EU-Fällen nur noch elektronisch. Bitte beachten Sie diese Neuerung, wenn Sie ausländische Konzerngesellschaften bei der Antragstellung unterstützen.

    2. Forderungsverkauf - Factoring

      Infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 27. Oktober 2011 (GFKL) wird die umsatzsteuerliche Behandlung des Factoring mit zahlungsgestörten Forderung mit einer weiteren Übergangsfrist ab 1. Juli 2016 neu geregelt. Bislang erbringt der Käufer der Forderung (Factor) in diesen Fällen mit der Übernahme des Ausfallrisikos und gegebenenfalls des Forderungseinzugs eine Leistung an den Forderungsinhaber. Nach der Neuregelung liegt keine der Umsatzsteuer unterliegende Leistung mehr vor, was Auswirkungen auf die Abrechnung zwischen Factor und dem Verkäufer der Forderung hat. Eine Forderung gilt als zahlungsgestört, wenn sie seit mehr als 90 Tagen ganz oder zu einem nicht nur geringfügigen Teil nicht ausgeglichen ist (Zahlungsziele bleiben selbstverständlich unberücksichtigt).
Gern beraten wir Sie zu diesen und allen anderen Fragen der Umsatzsteuer.


Wir wünschen Ihnen ein gesundes und erfolgreiches Neues Jahr 2016

Ihr Team der
umsatz | steuer | beratung
Januar 2016

Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Beratung und soll nur allgemein über steuerliche Themen informieren. Wir übernehmen daher keine Gewähr und somit keine Haftung für die Vollständigkeit und Aktualität sowie Richtigkeit der Inhalte und Darstellungen.